Archiv der Kategorie: Tipps für Übersetzer

Ein CV ist kein Lebenslauf!

Kürzlich habe ich mal wieder für ein Projekt Übersetzer gesucht, sowohl über Facebook als auch ProZ. Obwohl ich  nicht nach einem CV gefragt habe, habe ich natürlich einige bekommen. Und manche davon waren … suboptimal.

Der grundsätzliche Fehler ist immer, davon auszugehen, ein CV wäre ein Lebenslauf, wie ihn Arbeitnehmer bei einer Bewerbung einsetzen.

Fehler Nr. 1: Geburtsdatum, Geburtsort, Familienstand

Solche Angaben interessieren wirklich absolut keinen Auftraggeber und auch keine Agentur. Als Freiberufler ist es völlig schnuppe, ob Sie verheiratet sind, Kinder haben, welche Nationalität Sie haben usw.

Fehler Nr. 2: Lückenlose, tabellarische Form

Auch Lücken in Ihrem CV interessieren Auftraggeber herzlich wenig. Geben Sie um Himmels willen nicht an, zwischendurch als Tagesmutter oder Bauarbeiter gearbeitet zu haben! Das ist für Ihre übersetzerische Tätigkeit vollkommen irrelevant.

Fehler Nr. 3: Selbstverständlichkeiten

Klar sollte Ihr CV enthalten, mit welchen Programmen Sie sich auskennen: Studio, MemoQ, InDesign usw. Solche Kenntnisse sind durchaus relevant. Aber geben Sie nicht an, mit Microsoft Word, Excel usw. zu arbeiten! Herrje, das kann nun wirklich jeder. Sie geben ja auch nicht an, dass Sie tippen können, oder?

Wie muss ein CV einer freiberuflichen Übersetzerin dann aussehen?

Ein CV ist im Grunde ein Ersatz für eine Website – nur eben in kompakter Form und als PDF. Auf ein CV gehören somit exakt die Informationen, die Sie auch auf einer Website veröffentlichen würden, und das sind nur solche, die auch wirklich mit dem Übersetzen zu tun haben – zusammengefasst auf einer, maximal zwei Seiten.

Folgende Informationen sind relevant:

Persönliche Daten:

  • Name
  • Titel (Diplom-Übersetzerin)
  • Adresse
  • E-Mail-Adresse
  • Telefonnummer
  • Website

Fachgebiete:

Hier listen Sie Ihre Fachgebiete auf, sowohl allgemein als auch speziell: z. B. Medizin: Pharma, Augenkrankheiten.

Berufserfahrung:

Wichtige Projekte, an denen Sie gearbeitet haben, z. B. Jahresbilanz eines großen Unternehmens, 40.000 Wörter.

Veröffentlichungen, z. B. Buch über das Erstellen von Bilanzen. Sortiert nach Fachgebieten!

Qualifikationen

  • Daten Ihrer Ausbildung zur Übersetzerin
  • Daten Ihrer Ausbildung in einem Beruf des Fachgebiets, in dem Sie arbeiten (z. B. Krankenschwesterlehre, wenn Sie als Medizin-Übersetzerin arbeiten)
  • Angestelltentätigkeit in einem Beruf, der für Ihr Fachgebiet relevant ist
  • abgeschlossene Seminare zu relevanten Themen

Von neu nach alt sortiert.

Mitgliedschaften

BDÜ, ATA, was auch immer. Zeigt Engagement für den Beruf und ist bei Verbänden, in die nicht jeder reinkommt, auch eine Qualifikation.

Leistungen

Was bieten Sie an? Übersetzen, Dolmetschen, Korrekturlesen, Texten. Es ist Geschmacksache, aber ich persönlich würde hier auch Preisangaben machen. Irgendwann werden Sie sowieso danach gefragt, und warum dann diese Information nicht gleich zur Verfügung stellen?

Technische Austattung

CAT-Tools und andere relevante Programme, mit denen Sie arbeiten. Nennen Sie hier bitte nicht das Office-Paket, sondern besondere Programme, wie z. B. InDesign.

Das Ganze in Ihren Arbeitssprachen sowie auf Englisch. Und immer Korrektur lesen lassen! Dann wird das auch was mit den Aufträgen.

Brauche ich eine Website?

Unlängst wurde in der ProZ-Facebookgruppe gefragt, ob man denn eine Website bräuchte. Interessant waren die Antworten, denn die meisten verneinten klar. Natürlich hatten alle, die antworteten, man bräuchte keine Website auch keine Website. Und konnten insofern gar nicht beurteilen, wie viele Aufträge sie mehr hätten, wenn sie eine Website hätten. Oder wie viel bessere Aufträge. Erschüttert war ich, als tatsächlich behauptet wurde, ein Übersetzer mit einer tollen Website könne kein guter Übersetzer sein, denn wenn er die Zeit hat, eine tolle Website zu erstellen, kann er ja nicht viele Aufträge haben. So viel – sorry – Dummheit hat mich dann doch verblüfft.

Ich habe mir deshalb mal die Mühe gemacht, durchzuzählen, wie viele Anfragen ich im Januar 2018 über meine Website bekommen habe. Nur von Direktkunden, denn Agenturen gucken selten nach Websites, und natürlich ist meine Website suchmaschinenoptimiert – ohne SEO bringt ein Internetauftritt tatsächlich nichts.

Im Januar habe ich insgesamt 24 Anfragen von Neukunden erhalten – also rund eine pro Tag. 12 davon kamen von Privatkunden, die eine Urkundenübersetzung brauchten. Wir lernen daraus: Wenn Sie beglaubigte Übersetzungen anbieten, brauchen Sie eine Website, die in Ihrem Wohnort gefunden wird – dann bringt das auch was. 5 Anfragen kamen im Januar 18 von Privatkunden, die eine unbeglaubigte Übersetzung brauchten – Lebensläufe, Studienarbeiten, Bücher und so. 7 Anfragen kamen von Unternehmen.

Viele dieser Anfragen habe ich abgelehnt (falsche Sprachrichtung, falsches Fachgebiet, kein Bock, was auch immer – ich bin echt wählerisch), manche meiner Angebote wurden nicht angenommen, aber insgesamt habe ich durch diese Anfragen, die allein über meine suchmaschinenoptimierte Website kamen, im Januar einen Umsatz in Höhe von 350 Euro generiert. Und Januar ist jedes Jahr mein schlechtester Monat.

Im Februar 18 waren es 7 Anfragen nach Urkundenübersetzungen, 5 andere Anfragen von Privatkunden und 9 Anfragen von Unternehmen – insgesamt 21, aber der Februar ist ja auch ein recht kurzer Monat. Aus diesen 21 Anfragen ist nur ein Auftrag geworden, der jedoch in Höhe von 1.000 Euro.

Nicht eingerechnet sind die Aufträge von Kunden, die mich vor diesem Jahr über meine Website gefunden haben und mit Folgeaufträgen kamen. Und hinzu kommen natürlich auch Aufträge von Agenturen, die ich auch ohne Website bekommen hätte. Aber auch so dürfte klar sein: Ja, Sie brauchen eine Website, wenn Sie nicht ausschließlich für Agenturen arbeiten möchten, und diese Website muss suchmaschinenoptimiert sein. Das kostet, aber die Ausgaben kommen auch wieder rein.

Beweisführung geschlossen.

Die Sache mit der Umsatzsteuer

Irgendwie wird in Gruppen immer wieder behauptet, der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung würde sich nicht lohnen, weil man oftmals ja dennoch „was zahlen“ müsse. Hier liegt grundsätzlich ein Verständnisfehler vor, den ich deshalb erklären möchte:

Auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten, lohnt sich immer – na ja, zumindest, wenn Sie Ihre Umsatzsteuererklärung selber machen. Wenn Sie einen Steuerberater damit beauftragen, mag die Sache anders aussehen. Aber die Umsatzsteuererklärung ist, im Gegensatz zur Einkommensteuererklärung, wirklich ein Kinderspiel und sollte nicht länger als eine Stunde im Monat oder Quartal – je nachdem, wie oft Sie Ihre abgeben müssen – in Anspruch nehmen.

Selbst wenn Sie nach Abgabe dieser Umsatzsteuererklärung „was zahlen“ müssen, haben Sie Geld gespart! Ein Rechenbeispiel:

Sie haben in einem Quartal Rechnungen in Höhe von 5.000 Euro ausgestellt – plus Umsatzsteuer, der Einfachheit halber gehe ich hier von durchgehend 19 % aus, das wären also 950 Euro. Diese 950 Euro müssen Sie zwar ans Finanzamt abführen – aber nicht zahlen, denn gezahlt hat die ja der Kunde. Diese 950 Euro laufen quasi nur über Ihr Konto vom Kunden ans Finanzamt, gehören Ihnen jedoch zu keinem Zeitpunkt.

Wenn Sie im selben Quartal Ausgaben in Höhe von 2.000 Euro brutto hatten, z. B. anteilige Miete für Ihr Arbeitszimmer (plus Strom, Gas und Wasser), Telefonkosten, Handykosten, Fachliteratur, Mitgliedsbeitrag für Berufsverbände, Hosting für Ihre Website, Kosten für Ihren Korrekturleser, Webdesigner, Ausgaben für einen neuen Computer oder Software, haben Sie für all diese Ausgaben Umsatzsteuer bezahlt (na gut, nicht für alle, Miete und Mitgliedsbeitrag sind umsatzsteuerfrei – aber wir wollen ja nicht kleinlich werden). Diese gezahlte Umsatzsteuer erhalten Sie vom Finanzamt zurück – bei 19 % wären das knapp 320 Euro.

Wenn Sie also in der Umsatzsteuererklärung eintragen, dass Sie 950 Euro an Umsatzsteuer eingenommen und 320 Euro ausgegeben haben, müssen Sie mitnichten die Differenz von 630 Euro an das Finanzamt „zahlen“, sondern Sie haben die vollen 320 Euro gespart! Ja, Sie müssen 630 Euro an das Finanzamt überweisen, aber wie gesagt: Die gehörten Ihnen nie. Von den 950 Euro, die Ihr Kunde auf Ihrem Konto geparkt hat, dürfen Sie 320 Euro behalten!

Als Kleinunternehmer müssten Sie zwar am Quartalsende nichts ans Finanzamt überweisen – Sie hätten aber auch keine 950 Euro als Leihgabe auf Ihrem Konto gehabt und für alle Ausgaben 320 Euro mehr gelöhnt als die Umsatzsteuerpflichtige.

Verstanden? Der Verzicht auf den Kleinunternehmerparagrafen lohnt sich also immer – in diesem Rechenbeispiel hätten Sie 320 Euro pro Quartal mehr im Geldbeutel. Und die sind der Aufwand für die Umsatzsteuererklärung doch wert! Der wirklich gering ist. Beim ersten Mal muss man sich zwar reinfinden, aber ab dann flutscht das und ist wirklich keine große Sache. Einnahmen getrennt nach Steuersätzen und Herkunftsland eintragen (19 %, 7 %, EU oder Nicht-EU), gezahlte Umsatzsteuer zum Abzug eintragen – fertig. Ich mach das mit Elster, das kostet gar nichts.

Also: Keine Angst vor der Umsatzsteuer!

Ein bisschen Mathematik

Ein bisschen Mathematik muss sein, wenn man Unternehmer ist, und ich hoffe, es ist kein Vorurteil, wenn ich behaupte, dass wir Sprachmittler mit Zahlen oft so unsere Schwierigkeiten haben. Deshalb hier ein paar Rechnungen, die man als Übersetzer immer gebrauchen kann.

Dreisatz

Schon mal gehört, oder? Damals, in der Schule? Es gibt vermutlich nicht viel  aus dem Mathematikunterricht, was man im späteren Leben noch gebrauchen kann, doch der Dreisatz gehört definitiv dazu. Wenn beispielsweise die 125-g-Packung Schokolade 1,99 € kostet und die 150-g-Packung 2,49 €, welche ist dann billiger? Dafür brauchen wir den Dreisatz:

125 g kosten 1,99 €

Ergo kostet 1 g 1,99 € : 125 = 0,01592 €

Ergo kosten 150 g 0,01592 x 150 = 2,38 €

Ergo ist die 125-g-Packung billiger als die 150-g-Packung.

 

Der Dreisatz hilft jedoch nicht nur bei Schokolade, sondern auch bei der Prozentrechnung:

Ein Buch kostet 14,80 € brutto und wir möchten den Nettobetrag errechnen.

14,80 € sind 107 % (100 % Nettobetrag plus 7 % Umsatzsteuer)

Ergo entspricht 1 % = 14,80 € : 107 = 0,1383

100 % sind somit 0,1383 € x 100 = 13,83 €

 

Das waren die Aufwärmübungen. Alles klar?

Nächste Aufgabe: Wir stellen eine Rechnung über 500 Euro aus. Der Kunde wird per PayPal bezahlen und übernimmt die Gebühren. Die PayPal-Gebühren betragen 1,9 % des Zahlbetrags plus 0,35 €. 500 € plus 1,9 % wäre nicht schwierig zu errechnen, aber die 1,9 % fallen ja auf den Zahlbetrag an, nicht auf den ursprünglichen Rechnungsbetrag – und den haben wir noch gar nicht.

Der Zahlbetrag entspricht 100 %

500 € (Rechnungsbetrag) + 0,35 € = 500,35 € sind 100 % – 1,9 % = 98,1 %

1 % sind somit 500,35 : 98,1 = 5,1004 €

Damit wären 100 % und somit der Zahlbetrag 510,04 €

Wir rechnen zurück: Der Kunde zahlt 510,04 Euro per PayPal, wovon PayPal 1,9 % + 0,35 € abzieht:

510,04 € – 9,69 € -0,35 € = 500 €

 

Ja? Nächste Aufgabe: Ein Kunde aus einem Nicht-EU-Land zahlt den Rechnungsbetrag über 500 € per PayPal und es kommen nur 478 € bei uns an. Wie hoch ist der Prozentsatz, den PayPal einbehalten hat, damit wir den auf die nächste Rechnung draufschlagen können?

500 € sind 100 %

Ergo 5 € = 1 %

Nun teilen wir 478 € durch 5 € = 95,6 %.

Das bedeutet, dass wir 95,6 % des Rechnungsbetrags erhalten haben und PayPal somit 100 % – 95,6 % = 4,4 % einbehalten hat.

Nicht schwierig, wenn man’s erst mal kapiert hat. Fragen? Fragen!