Schreckgespenst Gewerbe

Disclaimer: Ich bin Übersetzerin, keine Steuerberaterin oder Ähnliches. Was ich hier schreibe, beruht einzig und allein auf meiner persönlichen Erfahrung oder dem, was ich mir zusammengefragt oder ergoogelt habe. Bitte nageln Sie mich also auf nichts fest. Der Beitrag soll Ihnen lediglich die pauschale Angst vor einer gewerblichen Tätigkeit nehmen. Und wenn das gelungen ist, sollten Sie jemanden fragen, der sich wirklich mit so was auskennt.

Übersetzer*innen sind Freiberufler*innen

Übersetzen und Dolmetschen gehört zu den sogenannten Katalogberufen; deshalb benötigen wir kein Gewerbe. Im Rahmen dieser Freiberuflichkeit dürfen Sie natürlich auch andere Dienstleister*innen beauftragen, zum Beispiel Kolleg*innen, Korrekturleser*innen, Lektor*innen usw. Sie dürfen auch Aufträge von Direktkund*innen annehmen und weitergeben. Dabei wird davon ausgegangen, dass Sie den Text anschließend lektorieren oder zumindest prüfen, also Ihren Teil zum fertigen Produkt beitragen. Das fällt alles immer noch unter freiberufliche Tätigkeit.

Anders sieht das aus, wenn Übersetzer*innen Aufträge für Sprachen annehmen und weiterreichen, die sie selbst nicht anbieten/sprechen/verstehen. In diesem Fall können wir nichts zum fertigen Produkt beitragen, sondern den Text nur weiterreichen. Und diese Tätigkeit fällt unter Gewerbe.

Das Gewerbe

Eine gewerbliche Tätigkeit ist kein Grund zur Panik, denn da gibt es eine „Bagatellgrenze“, die bei 3 % der Nettoumsatzerlöse liegt. Nettoumsatz ist die Summe aller Rechnungen, die Sie im betreffenden Jahr ausstellen – ohne Umsatzsteuer. Sind das beispielsweise 50.000 Euro im Jahr, können Sie Aufträge in Höhe von 1.500 Euro im Jahr weitereichen, ohne ein Gewerbe anmelden zu müssen.

Drohen Sie über diese Summe zu kommen, haben Sie drei Möglichkeiten:

  • Sie vermitteln in dem Jahr keine Aufträge in Sprachen mehr, die Sie nicht beherrschen,
  • Sie nehmen sich eine*n Steuerberater*in,
  • Sie melden einfach ein Gewerbe an.

Disclaimer: Ich mache meine Steuer selbst. Hab ich schon immer so gemacht. Ich hatte aber auch immerhin im Studium als Ergänzungsfach Wirtschaft, habe mal ein Jahr lang im Finanzamt gearbeitet (und die Ablage gemacht) und hatte über 20 Jahre Zeit, mich in die immer komplizierter werdende Steuererklärung einzuarbeiten. Ohne ein gewisses steuerliches Grundwissen und ein mathematisches Talent und Interesse würde ich eher abraten, die Steuererklärung selbst zu machen. Aber das nur nebenbei. Ich gehe im Folgenden davon aus, dass Sie über dieses Grundwissen verfügen.

Die Gewerbeanmeldung

Liegen Sie mit Ihren gewerblichen Einnahmen über dem Bagatellbetrag und möchten Sie ein Gewerbe anmelden, geht das einfach online über ihr zuständiges Gewerbeamt. Formular ausfüllen, absenden, fertig. Sie erhalten dann irgendwann einen Brief mit der Bestätigung der Gewerbeanmeldung, eine Rechnung (bei mir waren es 30 Euro; der Betrag mag variieren) sowie Post von der IHK. Außerdem schickt Ihnen das Finanzamt eine Steuernummer für Ihr Gewerbe. Alles nicht schlimm.

Die IHK-Zwangsmitgliedschaft

Die sog. Zwangsmitgliedschaft in der IHK wird immer wieder als ganz furchtbar schlimm und teuer hingestellt. Mich kostet sie nichts, weil mein Ertrag (nur aus dem Gewerbe!) unter 5.200 Euro im Jahr liegt. Ertrag ist der Gewinn, also alle Einnahmen minus alle Ausgaben (jeweils ohne Umsatzsteuer, sofern Sie umsatzsteuerpflichtig sind). Bei Gefahr, knapp über die Grenze zu kommen, lassen sich womöglich Ausgaben von der freiberuflichen Tätigkeit zum Gewerbe schieben. Und auch über der Grenze sind die Beträge in Höhe ab 40 Euro im Jahr (je nach Höhe des Ertrags) recht überschaubar. (Ich beziehe mich auf die Sätze der für mich zuständigen IHK Oldenburg. Die Zahlen mögen variieren.) Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich finde das gar nicht so furchtbar.

Die Gewerbesteuer

Noch so ein Schreckgespenst, das gar keines ist. Gewerbesteuer ist erst ab einem Jahresertrag (nur aus dem Gewerbe!) in Höhe von 24.500 Euro fällig. Vorher muss auch keine Gewerbesteuererklärung abgegeben werden. Soll heißen: Da passiert nichts und das kostet nichts. Ein ziemlich harmloses Schreckgespenst! Bei über 24.500 Euro Jahresertrag würd ich mir wirklich einen Steuerberater suchen. Das wäre dann sogar mir zu kompliziert.

Wichtig: Infektionstheorie/Abfärberegelung

Wenn Sie sowohl freiberuflich als auch gewerblich tätig sind, ist es absolut unbedingt und ganz furchtbar wichtig, dass Sie beide Tätigkeiten steuerlich strikt voneinander trennen. Tun Sie das nicht, werden ALLE Einnahmen dem Gewerbe zugeordnet, was logischerweise bedeutet, dass Sie deutlich schneller die Einkommensgrenze für IHK und Gewerbesteuer überschreiten als mit dem Gewerbe allein.

Strikt trennen bedeutet: Unterschiedliche Steuernummern, separate Einnahmen-Überschuss-Rechnungen (EÜR) und am besten auch unterschiedliche Bankkonten und unterschiedliche Rechnungsbögen. Und das ist auch das Einzige, was durch die Gewerbeanmeldung tatsächlich ein wenig komplizierter wird:

Die Steuererklärung

Die Steuererklärung wird durch das Gewerbe ein klein wenig umfangreicher. Sie müssen nun zwei EÜRs abgeben: eine für Ihre freiberufliche Tätigkeit und eine für Ihr Gewerbe. Die Ergebnisse der beiden EÜRs kommen in Anlage S. Das war’s dann auch schon! Das ist zwar ein Mehraufwand, der sich jedoch in Grenzen hält.

Bei der Umsatzsteuer ändert sich nichts. Sie geben nur eine einzige Umsatzsteuer für alle Einnahmen aus allen Quellen ab.

 

Und, klingt das jetzt irgendwie furchtbar? Ich habe zurzeit drei Gewerbe neben meiner freiberuflichen Tätigkeit, das bedeutet vier Steuernummern und vier EÜRs, und ich hab’s bisher überlebt. In diesem Zusammenhang noch eine Anmerkung: Reines Korrektorat ist eine gewerbliche Tätigkeit. Ich rede nicht vom Übersetzungslektorat, sondern vom reinen Korrektorat, also wenn Sie einen auf Deutsch geschriebenen Text von Rechtschreib- und Grammatikfehlern befreien. Für dieses Korrektorat benötigen Sie (oberhalb der Bagatellgrenze) ein Gewerbe. Lektorate hingegen fallen wieder unter freiberufliche Tätigkeit.

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