Ihr macht euch keine Vorstellung, wie oft ich E-Mails von Kolleg*innen erhalte mit der Beschreibung eines Projekts und der Frage, wie viel sie dafür berechnen sollen.
Hier also meine pauschale Antwort:
Unabhängig davon, um welche Textsorte und welche Sprachkombination es geht, schätzt ihr immer ab, wie lange ihr für das Projekt brauchen werdet. Natürlich ist das manchmal etwas schwer einzuschätzen; zur Not arbeitet ihr exakt eine Stunde an der Übersetzung, zählt nach, wie viele Wörter/Zeilen ihr in der Zeit geschafft habt, und rechnet die Zahl dann auf das gesamte Projekt hoch. Und schlagt 20 % drauf, weil ihr eure Übersetzung ja anschließend sicherlich noch durcharbeitet, und auch das kostet Zeit. Wenn ihr also in einer Stunde 500 Wörter schafft und einen Stundensatz von 50 Euro habt, braucht ihr für 10.000 Wörter 20 Stunden und berechnet 1.200 Euro (20 Stunden plus 20 %).
Ihr wollt konkretere Zahlen? Das ist echt schwierig, weil ein Wortpreis, wie ihr wisst, immer mindestens von Textsorte und Sprachkombination abhängt, aber auch davon, ob es sich um einen Privatkunden handelt oder Geschäftskunden oder eine Agentur, ob der Text unter eurem Namen veröffentlicht wird, ob ihr den Text selbst Korrektur lesen lasst (dann kommen noch die Kosten für die/den Korrekturleser*in hinzu und ein bisschen für euer Projektmanagement) …
Ihr wollt trotzdem konkrete Zahlen?
Ist ja gut. Für Fachtexte ist ein gutes Maß immer das JVEG. Demnach sind für gängige Sprachen 1,80 Euro pro Zeile (55 Zeichen im Zieltext) zu berechnen. Da das ein Satz für eine Übersetzung für Endkund*innen ist, würde ich davon ausgehen, dass ihr von diesem Satz die*den Korrekturleser*in bezahlt. Das wären dann Pi mal Daumen so um die 40 Euro pro Seite allein für die Übersetzung.
Bei Romanübersetzungen kann man sich nach dem VdÜ richten; demnach liegt der „übliche Satz“ für die Übersetzung einer Seite aus dem Englischen ins Deutsche bei runden 18 Euro. Nur für die Übersetzung; Lektorat und Korrektorat kommen noch hinzu.
Schwierig finde ich persönlich immer die Berechnung für die Übersetzung eines Fachbuchs. Wenn ihr mich fragt, würde ich dafür ein Ding zwischen Fach- und Romanübersetzung ansetzen und von 25 bis 30 Euro pro Seite (1.800 Zeichen) ausgehen, abhängig davon, wie fachspezifisch das Buch ist. Plus Lektorat und Korrektorat, sofern ihr das im Paket anbietet.
Nun wollt ihr wissen, wie viel ihr für Lektorat und Korrektorat ansetzen sollt, stimmt’s?
Kommt drauf an … Bei Romanen könnt ihr mit 5 bis 6 Euro pro Seite für das Lektorat und 2 bis 3 Euro für das Korrektorat rechnen. Lektorat ist hierbei definiert als: Die*der Lektor*in liest das Buch, so wie es ein*e Leser*in lesen würde, ebnet Stellen, über die sie*er stolpert, poliert den Stil, vergleich aber nicht Satz für Satz mit dem Original. Korrektorat ist definiert als: nur Tipp-, Rechtschreib- und Grammatikfehler korrigieren. Bei einem Fachtext braucht ihr eher eine*n andere*n Kolleg*in, die*der Original mit Übersetzung vergleicht; hierfür setzt man üblicherweise den halben Wort- oder Zeilenpreis der Übersetzung an. Wenn ihr also Kund*innen 1,80 Euro pro Zeile in Rechnung stellt, sind 1,25 Euro davon für euch und 0,60 Euro fürs Korrekturlesen.
Zur Berechnung eines angemessenen Stundensatzes spuckt Google eine Menge Ergebnisse aus. Eine Möglichkeit wäre dieser Rechner. Ich würde von mindestens 50 Euro pro Stunde ausgehen, 70 bis 80 wären angebrachter, und nach oben hin sind kaum Grenzen gesetzt. Immer zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer.
Disclaimer: Das sind die Zahlen, die ICH persönlich ansetzen würde. Wenn ihr mich also fragt, wie ICH einen Text berechnen würde, wäre das meine Antwort. Ich erhebe nicht den Anspruch, das Maß aller Dinge zu sein.