Da die Frage, was zu tun ist, wenn er Kunde seine bestellte und gelieferte Übersetzung nicht bezahlt, in Übersetzergruppen immer wieder gestellt wird, hier eine Zusammenfassung des entsprechenden Kapitels aus dem Buch „Überleben als Übersetzer“:
Zunächst muss unterschieden werden zwischen Privat- und Geschäftskunden.
Privatkunden
Grundsätzlich ist bei Privatkunden Vorkasse angebracht. Das hat wenig mit erhöhtem Misstrauen zu tun, sondern mehr mit der Tatsache, dass uns bei Privatkunden die Hände gebunden sind, was die Möglichkeiten der Geldeintreibung angeht. Insbesondere ist dies bei Übersetzungen von Urkunden der Fall, die womöglich benötigt werden, damit der Kunde ins Ausland ziehen kann − und weg ist er. Leider betrachten es manche auch als Kavaliersdelikt, ihre Rechnung nicht zu bezahlen, in der Annahme, ihnen könne nichts passieren; was bis zu einem gewissen Punkt leider auch zutrifft.
Damit Sie einen Kunden überhaupt anmahnen können, muss er im Zahlungsverzug sein. Das ist er in der Regel 30 Tage nach Rechnungsdatum, sofern Sie auf Ihrer Rechnung keine andere Frist angegeben haben. Diese Tatsache muss bei Privatkunden explizit auf der Rechnung stehen!
„Der Rechnungsbetrag ist sofort fällig. 30 Tage nach Rechnungsdatum tritt nach den gesetzlichen Vorschriften (§286 Abs. 3 BGB) Verzug ohne Mahnung ein. Ab dann fallen für Sie gesetzliche Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich an.“
Sind diese 30 Tage verstrichen, müssen Sie nicht mahnen − sollten es aber, denn manchmal kommt es tatsächlich vor, dass man eine Rechnung schlicht vergisst. Formulieren Sie die erste Zahlungserinnerung deshalb freundlich und nennen Sie sie noch nicht Mahnung:
„Sicherlich ist es in der Hektik des Alltags übersehen worden, dass die Rechnung vom xx.xx.xxxx noch nicht beglichen ist. Deshalb möchte ich Sie heute an deren Ausgleich erinnern und bitte um kurzfristige Erledigung bis zum xx.xx.xxxx. Sollten Sie zwischenzeitlich die Zahlung schon geleistet haben, bitte ich, dieses Schreiben als gegenstandslos zu betrachten.“
Fruchtet das nicht, ist ein Anruf ein recht probates Mittel: E-Mails kann man leicht ignorieren, Briefe ebenso, aber ist der Gläubiger einmal in der Leitung, muss sich der Schuldner ja äußern. Vielen ist der Anruf so peinlich, dass sie ihre Außenstände begleichen.
Hilft das immer noch nicht, wird es Zeit für eine Mahnung, die Sie auch genau so nennen. Darin setzen Sie eine Zahlungsfrist und drohen die Beantragung eines gerichtlichen Mahnbescheids an. Schreiben Sie nicht nur „rechtliche Schritte einleiten“, sondern wirklich „gerichtlicher Mahnbescheid“, damit der Kunde merkt, dass Sie wissen, was Sie tun, und nicht nur leere Drohungen ausstoßen. Schlagen Sie Verzugszinsen drauf (auszurechnen unter www.zinsen-berechnen.de/verzugszinsrechner.php) sowie eine Mahngebühr in Höhe von 2,50 bis 5 Euro (mehr ist leider nicht erlaubt) und machen Sie den Kunden darauf aufmerksam, dass der nächste Schritt teurer wird (ein gerichtlicher Mahnbescheid kostet mindestens 32 Euro).
Wenn das nichts bringt, sollten Sie sich spätestens jetzt bei www.vollstreckungsportal.de registrieren und abfragen, ob der Kunde womöglich bereits eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, also pleite ist. Hat er keinen Eintrag, beantragen Sie den gerichtlichen Mahnbescheid unter www.online-mahnantrag.de. Widerspricht der Kunden diesem, bleibt Ihnen nur noch der Gang zum Gericht; reagiert er nicht, beantragen Sie einen Vollstreckungsbescheid und schicken ihm den Gerichtsvollzieher vorbei.
Hat der Kunde einen Eintrag im Schuldnerregister, können Sie zwar dennoch vor Gericht, werden auf den Kosten allerdings sitzenbleiben. Andererseits können Sie den Titel dreißig Jahre lang vollstrecken lassen und vielleicht wird der Kunde ja wieder flüssig. Das müssen Sie abwägen.
Eine effektivere Möglichkeit kann sein, den Kunden wegen Leistungsbetrugs anzuzeigen. Das geht dann, wenn er bereits insolvent war, als er Sie beauftragt hat, und somit wusste, dass er Sie nicht bezahlen kann. Ich habe das einmal gemacht und die Kundin hat meine Rechnung vor Gericht beglichen − ansonsten hätte sie womöglich in den Knast gemusst. Darüber hinaus wurde ich als Zeugin vorgeladen, bekam den Trip von Oldenburg nach Köln bezahlt und außerdem einen Verdienstausfall in Höhe von 17 Euro pro Stunde (mittlerweile sind es wohl 21).
Unternehmenskunden
Bei Unternehmenskunden haben wir etwas mehr Spielraum. Es fängt damit an, dass auf die Folgen des Verzugs nicht gesondert hingewiesen werden muss und die Verzugszinsen 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegen und nicht nur 5 wie bei Privatkunden.
Ansonsten ist die Vorgehensweise erstmal gleich wie bei Privatkunden: erinnern, anrufen, mahnen. Auch hier müssen Sie diese drei Schritte nicht durchführen, sollten es aber.
Bei einer Mahnung an Unternehmenskunden dürfen und sollten Sie neben den Verzugszinsen eine Mahnpauschale in Höhe von 40 Euro aufschlagen (Mahngebühren und Verzugszinsen sind immer umsatzsteuerfrei). Diese Mahnung sollten Sie per Post versenden, noch besser per Einschreiben.
Wenn das nicht fruchtet, ist die Vorgehensweise wie oben: Solvenz überprüfen, gerichtlichen Mahnbescheid beantragen, eventuell klagen.
In den allermeisten Fällen wird meiner Erfahrung nach der Rechnungsbetrag sofort nach Eingang der Mahnung ohne Mahnpauschale und Verzugszinsen überwiesen, frei unter dem Motto: Ich hatte gerade überwiesen, die Mahnung hab ich erst 5 Minuten danach bekommen! Natürlich müssten die Mahnkosten dennoch getragen werden, der Kunde war ja im Verzug, es lohnt aber nicht, sich deswegen aufzuregen und auf Zahlung der etwas über 40 Euro zu bestehen.
Alternatives Forderungsmanagement
Folgende alternative Maßnahmen dürfen Sie nur bei Geschäftskunden anwenden, nicht bei Privatkunden:
Verpetzen: Zweimal habe ich, als meine Kontaktperson so gar nicht auf meine Zahlungserinnerung reagierte, an die E-Mail-Adresse auf der Website des Unternehmens geschrieben (noch viel besser ist es, wenn explizit eine der Geschäftsleitung angegeben ist) und die Situation geschildert. Ganz freundlich um Hilfe gebeten, weil die Person nicht reagiert. In beiden Fällen wurde die Rechnung umgehend kommentarlos beglichen.
Öffentlich machen: Mehrmals hatte ich Erfolg, indem ich das Zahlungsversäumnis öffentlich gemacht habe. Mal habe ich (sachlich!) in meinem Blog berichtet, was passiert war, mal auf der Facebook-Seite des Unternehmens einen für alle sichtbaren Kommentar hinterlassen, einmal hat sogar ein Tweet gereicht. Wichtig ist, dass Sie sachlich bleiben und nur belegbare Tatsachen anführen.
Kunden im Ausland
Hier fehlt mir leider − oder zum Glück! − nach wie vor die persönliche Erfahrung. Innerhalb der EU können Sie einen europäischen Mahnbescheid beantragen, Infos finden Sie hier: https://e-justice.europa.eu/content_order_for_payment_procedures-41-de.do . Ich bin bisher nur so weit gekommen, dass ich den Antrag an den „Small Claims Court“ in Großbritannien ausgefüllt habe − abschicken musste ich ihn nicht, weil die Verpetzmethode funktioniert hat und die Rechnung kurz vor knapp doch noch beglichen wurde. Außerhalb der EU ist zumindest bei Neukunden Vorkasse anzuraten.
Bitte beachten Sie bei allen juristischen Ratschlägen, dass ich keine Anwältin bin und nur aus meinem Erfahrungsschatz berichte.